5. September 2022
«Powell hat den Stecker gezogen»
Was die Märkte bewegt
Es war nur ein kurzer Auftritt vor den Medien, aber der hatte es in sich. Der Vorsitzende der US Notenbank FED, Jerome Powell, machte kürzlich klar, dass er einen Wirtschaftsabschwung in Kauf nehmen wird, um die Inflation zurück auf 2 % zu drücken. Angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten sind seine Aussagen wenig überraschend. Das FED ist somit bereit, die Geldpolitik länger restriktiv zu halten und eine rasche Lockerung steht nicht auf dem Plan. «Higher for longer» lautet also die Devise bei den Zinsen. Das hat viele Anleger auf dem falschen Fuss erwischt.
Was Europa betrifft, so bleibt die Situation an der Teuerungsfront angespannt und es wird interessant zu sehen, wie entschlossen die Europäische Zentralbank EZB die Sache angehen und ihre Kommunikation gestalten wird. Die Energiekrise ist natürlich das zentrale Thema. Inzwischen hat diese Krise auch die Schweiz erreicht. Die Strompreise werden für das verarbeitende Gewerbe zu einer echten Belastung werden.
Die Berichterstattung zu den Resultaten internationaler Firmen im zweiten Quartal war weiterhin allgemein positiv, jedoch äusserte sich das Management häufig vorsichtig hinsichtlich dem weiteren Ausblick.
Wie haben die Märkte reagiert?
Nach den Äusserungen von Powell gaben die Aktienmärkte deutlich nach, die Zinsen in den USA zogen an und der US-Dollar verteuerte sich. Dazu kamen Anzeichen einer schwächer werdenden Weltwirtschaft, weiterhin erhöhte Kostenfaktoren und Lieferengpässe. Das führte zu volatilen Bewegungen an den Kapitalmärkten, insbesondere auch auf der Währungsseite.
Wie weiter?
Die EZB, wie auch die Bank of England, wird nicht umhinkommen, die Leitzinsen deutlich anzuheben. Das wirkt kurzfristig grundsätzlich belastend für Aktien. Aber: Erstens können Notenbanker ihre Meinung rasch ändern und zweitens dürften diese Massnahmen an den Märkten zu gewissen Teilen bereits eingepreist sein.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Es kam überraschend oft vor, dass Notenbanken ihren Kurs quasi über Nacht änderten weil die Reaktionen im Wechselspiel der komplexen Finanzmärkte anders ausfielen als gedacht oder sie schlichtweg ihre Meinung revidieren mussten. So geschehen zuletzt beim FED, das die Inflation viel zu lange unterschätzt hat. Vor dem Hintergrund einer sich abschwächenden Weltwirtschaft und erhöhten Inputkosten wird die Entwicklung der Unternehmensergebnisse weiter mit Argusaugen beobachtet werden.
Ein Blick auf die saisonalen Muster an den Aktienmärkten zeigt: Der September ist regelmässig ein eher schwacher Aktienmonat, bevor es dann wieder nach oben geht mit den Kursen gegen Ende Jahr. Aber eben: Was im Durchschnitt Gültigkeit hat, muss im Einzelfall nicht stimmen…
Wie wir uns positionieren
Wir bleiben insgesamt bei unserer Positionierung mit einer tendenziell defensiven Ausrichtung. Im aktuellen Umfeld ist ein selektives Vorgehen wichtig. «Qualität» ist ein weiterer Punkt, der wichtig ist. Der strategische Teil unserer Aktienstrategien bleibt langfristig in Qualitätsunternehmen investiert: Unternehmen mit einer soliden Bilanz, starker Marktstellung und Preissetzungsmacht. Der taktische Teil wiederum wird systematisch einmal monatlich überprüft und wenn nötig angepasst. Dieser bleibt insgesamt weiter defensiv ausgerichtet mit Engagements in Sektoren wie Konsumgüter, Versorger und Gesundheitswesen. Solche Titel haben auch in einem angespannten Marktumfeld gute Chancen.
In unseren Multi-Asset-Strategien überwiegen weiterhin die Argumente, die für ein Festhalten an der aktuellen Positionierung sprechen: Aktien überwiegend in defensiven Sektoren zu haben, Anleihen nur von erstklassiger Qualität und Gold als stabilisierendes Element und Schutz vor einer weiteren Eskalation im Ukraine Konflikt. Bei den Währungen setzen wir weiterhin auf den US-Dollar und den Schweizerfranken.
Point Capital Group
5. September 2022