Liebe Leserin, lieber Leser
Noch vor wenigen Wochen war jeder ein Corona-Experte, dann wurden sie zu Koryphäen der Geldpolitik und nun haben sie sich quasi über Nacht zu geopolitischen Strategen gemausert. Respekt!
Fast noch besser ist die Kombination von Börsen- und Militärstrategen. Was die nicht alles wissen! Sie kennen die Beweggründe Wladimir Putins, wissen genau, wie man erfolgreich ein Land verteidigt und können natürlich auch präzise vorhersagen, was die Konsequenzen für den Ölpreis und die Börsen sind.
Amüsant ist bloss, dass viele von diesen Experten bis vor kurzem die Ukraine auf keiner Weltkarte gefunden hätten oder eine russische Invasion für unwahrscheinlich erachteten. Aber was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, werden die sich wohl denken.
Verstehen Sie mich nicht falsch: ich wäre auch überfordert, müsste ich nun eine kompetente Einschätzung zur verworrenen Lage abgeben. Aber ich masse mir nicht an, in einem solch unsicheren Umfeld mit Scheinwissen aufzutrumpfen. Denn niemand weiss mit Sicherheit, wie sich die Situation in Osteuropa entwickeln wird.
Etwas allergisch reagiere ich dann jeweils, wenn Börsenweisheiten wie man soll «kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen» herumgereicht werden. Zum einen ist es geschmacklos, zum zweiten ist ein Krieg immer unberechenbar, zumal nun auch noch präzedenzlose Sanktionen ins Spiel kommen. Wird also alles nur noch schlimmer? Oder erkennt Putin schon bald seinen Fehler, verkauft seinen Angriff als Erfolg – immerhin kann er behaupten, er habe die militärische Infrastruktur zerstört – und zieht sich zurück? Im einen Fall werden Aktien wohl weiter leiden, im anderen kommt es ziemlich sicher zur Erholung. Aber eben: wir wissen es nicht, das Spekulieren ist müssig.
Aber das müssen wir auch nicht. Die beste Strategie lautet wie so oft: Festhalten am eingeschlagenen Kurs, den man in einer ruhigen Stunde einmal festgelegt hat. Panik ist in der Regel ein schlechter Ratgeber. Wer sich nun aber ernsthafte Sorgen um sein Vermögen macht und angesichts der höheren Ausschläge an den Börsen um seinen Schlaf gebracht wird, sollte seine Vermögensaufteilung grundsätzlich überdenken. Nach Jahren der Aktienhausse haben einige Anleger ihre Risikofähigkeit womöglich überschätzt und den Aktienanteil im Depot allzu kräftig ausgebaut. In diesem Fall dürfte sich ein gewisses Umschichten in defensivere Vermögenswerte wie Gold und Anleihen lohnen.
In diesem Sinne: Halten Sie den Kurs und lassen Sie sich von den Marktschreiern nicht ins Bockshorn jagen!
Ihr Mark Stock©
Mark Stock ist ein Mitglied der Point Capital-Redaktion. «Ich bin begeisterter Börsianer und befasse mich leidenschaftlich gerne mit Wirtschaftsgeschichte. Seit Jahren verfolge ich das Auf und Ab an den Märkten und investiere natürlich auch selber – bevorzugt in Aktien. Mein Name ist also Programm. Jeden Monat greife ich an dieser Stelle ein aus meiner Sicht spannendes Thema auf. Und da der Inhalt und nicht meine Person im Zentrum stehen soll, schreibe ich unter einem Pseudonym.»