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Börsenausblick Insights | zurück

Börsenausblick – Oktober 2022

6. Oktober 2022

«Ein besonderer Cocktail»

Die wichtigste Zutat in diesem Cocktail sind die Zinsen. Von diesen hängt an den Märkten praktisch alles ab. Wer die Zinsen voraussagen kann, kennt die zukünftigen Preise der verschiedenen Anlageklassen…

 

Was die Märkte bewegt

Die weltweit vielerorts im zweistelligen Prozentbereich steigende Inflation hält die Märkte weiter in Atem. Die Notenbanken haben zu spät auf die Inflation reagiert und müssen nun mit entsprechend harter Hand agieren. Damit geht einher, dass die rezessiven Tendenzen zunehmen. Das heisst, die Notenbanker müssen die Inflation mit einer restriktiven Geldpolitik einzufangen versuchen und dabei gleichzeitig der Wirtschaft nicht den Schnauf nehmen. Es ist ein schmaler Grat. In Europa sorgt zusätzlich die Angst vor einer Energiekrise für Verunsicherung. Jetzt, kurz vor dem Winter, befeuern die höheren Energiepreise die Inflation zusätzlich. Die Angst vor einer Rezession hat im Laufe der letzten Wochen zugenommen. Gleichzeitig hat sich aber der Anstieg der Teuerung weltweit verlangsamt, das sind die «Good News». Die Frachtraten für Containerschiffe beispielsweise sind sogar bereits seit einiger Zeit stark rückläufig. Die jüngsten Zahlen zum ISM-Einkaufsmanagerindex der US-Industrie zeigten zudem eine Abkühlung der Konjunktur an, was darauf hindeutet, dass die aggressiven Zinserhöhungen des FED Wirkung zeigen. Der Gesamtindex fiel im September auf den tiefsten Stand seit Mai 2020. Die Märkte haben natürlich auch die wirtschaftliche Grossmacht China im Blickfeld. Die Null-Toleranz Politik im Bereich von Corona und die Entwicklungen im Immobiliensektor wirken dort klar belastend. Es ist derzeit also ein ganz besonderer Cocktail, der den Märkten aktuell serviert wird.

Wie haben die Märkte reagiert?

Die weltweiten Finanzmärkte litten in den letzten Wochen unter starkem Abgabedruck. Der Abwärtstrend an den Aktienmärkten beschleunigte sich gar nochmals deutlich. Die Verluste waren weltweit gross und viele Indizes unterschritten die Jahrestiefststände. Selbst konservative Strategien boten keinen Schutz gegen Verluste. Wenn man länger zurückschaut, so verhielt sich die Preisentwicklung von Aktien und Anleihen beispielsweise grösstenteils unterschiedlich. Dies ist seit Anfang 2022 nicht mehr der Fall – bisher zumindest. Die letzten Wochen waren zudem von hoher Volatilität in praktisch allen Anlageklassen gekennzeichnet.

Wie weiter?

Das Gute ist, dass alles so schlecht aussieht… Was sich widersprĂĽchlich anhört, macht durchaus Sinn: Die aktuellen News und Erwartungen an die Zukunft sind in aller Regel in den Marktpreisen zu grossen Teilen berĂĽcksichtigt. Wir mĂĽssen uns aber wohl auf eine weiterhin erhöhte Volatilität einstellen. Die Märkte können sich rasch in die eine oder andere Richtung bewegen. So geschehen beispielsweise im positiven Sinne von Mitte Juni bis Mitte August, als viele Marktsegmente im Aktienbereich in kurzer Zeit um 20 Prozent oder mehr avancierten.  Die Notenbanken werden alles daran setzen, die Inflation in den Griff zu bekommen aber sie werden das – bei aller starken Rhetorik – nicht ohne RĂĽcksicht auf Verluste tun können. Wir haben dies ansatzweise bereits in England und Australien gesehen. Die Bank of England hat kurzfristig stĂĽtzend in den Markt eingegriffen, als Gefahr fĂĽr die Liquidität der Vorsorgekassen im Zusammenhang mit Verwerfungen am Anleihenmarkt bestand. In Australien hat kĂĽrzlich die Notenbank die Zinsen doch nicht so stark erhöht wie erwartet, aus RĂĽcksicht auf die wirtschaftliche Entwicklung. Der Moment wird kommen, in welchem auch eine europäische Zentralbank oder die US Notenbank FED zumindest eine Kursanpassung vornehmen wird. Darauf warten die Märkte derzeit. Nach den US Kongresswahlen Anfang November (Mid Term Elections) könnte der Wind beispielsweise bereits drehen. Dann geht es um die Ausrichtung auf die Präsidentschaftswahlen fĂĽr 2024. Historisch betrachtet stiegen die US Börsen durchschnittlich stark an, jeweils nach den Mid Term Elections. Sanftere Töne vom FED Vorsitzenden Powell könnten also schon eine Kehrtwende bringen. Derweil gibt es auch immer mehr GrĂĽnde, die dafĂĽr sprechen, dass wir den Peak in den Zinserwartungen erreicht haben bzw. diesem nahe sind. Auch in China wird es in den kommenden Wochen besonders spannend: Der 20. Kongress der kommunistischen Partei steht bevor und in diesem Zusammenhang könnten durchaus Entscheide gefällt werden, die auf die chinesische Wirtschaft und damit weltweit auch auf die Börsen positive Auswirkungen haben. Eine Kurskorrektur im Umgang mit Corona, geld- oder aber fiskalpolitische Massnahmen sind sehr gut möglich. Vergessen wir nicht: China – die weltweit zweitgrösste Volkswirtschaft – ist praktisch das letzte Land, das sich in einer Art von «Lockdown» befindet. Eine diesbezĂĽgliche Lockerung beinhaltet ein enormes wirtschaftliches Potenzial.

Was Aktien als Anlageklasse betrifft, so muss sich der langfristige Anleger bewusst sein, dass auch einzelne Aktien von echten Qualitätsunternehmen inzwischen teilweise um bis zu 50 % korrigiert haben. Die beste Grundlage für Anlageerfolge wird bekanntlich in Krisenzeigen gelegt. Anleger haben den natürlichen Reflex, dann aus Aktien aussteigen zu wollen, wenn die Wolken am Börsenhimmel am dunkelsten sind. Börsenrückschläge bieten aber gerade die grössten Chancen an den Finanzmärkten.

Wie wir uns positionieren

Eine defensive Positionierung mit einem Fokus auf «Qualität» ist grundsätzlich weiterhin angezeigt. Aber mit der nötigen Flexibilität einer Anpassung, sobald sich die Zinssituation ändert. In diesem Zusammenhang ist ein aktives Portfoliomanagement besonders wichtig. Gold als Realwert bildet einen Eckpfeiler in unseren Multi Asset Strategien, mit einem gewissen Mass an Inflationsschutz und Schutz vor einer weiteren Eskalation im Ukraine-Konflikt. Aktienseitig bleibt unser taktischer Teil weiter defensiv ausgerichtet: Die Sektoren Konsumgüter, Versorger und Gesundheitswesen sind stark vertreten. Solche Titel haben auch in einem angespannten Marktumfeld gute Chancen. Bei den Währungen setzen wir weiterhin auf den US-Dollar und den Schweizer Franken.

Point Capital Group
6. Oktober 2022