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Starker Dollar, schwacher Dollar

Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Zum Jahresbeginn erwarteten die meisten Experten einen schwachen Dollar. Gründe dafür gab es viele – doch der Greenback spielte nicht mit.

Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen, besagt ein schönes Bonmot, das unter anderem Mark Twain, Kurt Tucholsky aber auch Winston Churchill zugeschrieben wurde. Von wem auch immer es stammt, es passt wunderbar zu den Vorhersagen zum US-Dollar.

Zum Jahresanfang waren sich nämlich die meisten Marktbeobachter weitgehend einig: Der Greenback wird sich in diesem Jahr weiter abschwächen. Dank der Erholung der Weltwirtschaft werden Anleger Gelder aus den USA abziehen und in attraktivere Regionen umschichten, lautete ein Argument. Der geringere Zinsvorteil, die dort besonders heftig wütende Coronapandemie und die rasch steigende amerikanische Staatsverschuldung waren weitere Gründe für eine schwächere US-Währung.

Alles erwartet einen fallenden Dollar

Exemplarisch dafür war die Prognose der Strategen der UBS-Investmentbank. In ihrem Ausblick für das Jahr 2021 schrieben sie: «In der Tat scheinen wir an der Schwelle des stärksten Dollar-Abwärtszyklus seit dem Plaza-Abkommen in den 1980er-Jahren zu stehen.»

Wer eine solche Aussage macht, der ist sich sicher. Das Plaza-Abkommen war eine Vereinbarung zwischen Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Japan und den USA, das am 22. September 1985 im Plaza Hotel in New York beschlossen wurde. Das Ziel: durch Interventionen an den Devisenmärkten den Dollar gegenüber der Deutschen Mark und dem japanischen Yen abzuwerten, um dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der USA wiederherzustellen. Mit vereinten Kräften gelang das auch. Allein in den drei Monaten bis Ende 1985 büsste der handelsgewichtete Dollarindex (DXY) fast 12 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38} an Wert ein. Bis Ende 1987 fiel er nahezu 40 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38}. Das war eine eindrückliche Bewegung.

Doch zurück in die Gegenwart. Wie stark ist der Dollar in diesem Jahr denn nun gefallen? Überhaupt nicht. Anstatt sich abzuwerten, lässt er seit Jahresbeginn die Muskeln spielen. Im ersten Quartal 2021 legte der Dollarindex nämlich 3,7 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38} an Wert zu. Zum Franken hat sich der Dollar sogar um 6,6 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38} aufgewertet, zum Euro hat er sich 4,1 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38} verteuert. Von den zwanzig wichtigsten Währungen haben sich siebzehn zum Dollar abgeschwächt (vgl. Grafik).

Damit hat sich einmal mehr ein weiteres Bonmot bewahrheitet: Wenn sich an den Finanzmärkten alle Experten und Strategen einig sind, geschieht meist etwas anderes.

Doch erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt

Anstatt den anderen Volkswirtschaften hinterherzuhinken, hat die amerikanische Wirtschaft dank grosszügiger fiskalpolitischer Massnahmen und einer erfolgreichen Impfkampagne die Führung übernommen. Die OECD rechnet für die USA für dieses Jahr mit einem Wachstum von traumhaften 6,5 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38}, für die Eurozone erwartet sie vergleichsweise bescheidene 3,9 {ff4a8e304af03f228700a3dbd06de1cae4a374f33f5020b79c08e757c6f95b38}. Und während Europa noch immer mit den Impfungen hadert, bereitet der amerikanische Präsident Joe Biden schon das nächste Konjunkturprogramm im Umfang von USD 2 Billionen vor.

Kein Wunder, haben die besseren Wachstumsprognosen dem Dollar in diesem Jahr Auftrieb verliehen. Gleichzeitig sind die langfristigen US-Zinsen deutlich stärker gestiegen als im Rest der Welt, was ebenfalls für Unterstützung gesorgt hat – so floss nämlich wieder Kapital in die Vereinigten Staaten, die Nachfrage nach Dollar nahm zu. Sein Höhenflug könnte also durchaus noch anhalten. Ausser, es kommt wieder anders, als man denkt. Die Entwicklungen von Währungen zu prognostizieren, ist nämlich notorisch schwierig, wenn nicht unmöglich. Das ist allerdings bloss für Währungsspekulanten ein Problem, für langfristige Aktienanleger spielen Währungsrisiken in den grossen Währungen eine untergeordnete Rolle.

Das bestätigen u.a. die Finanzprofessoren Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton von der London Business School. Im neuesten Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook schreiben sie: «Für längerfristige Anleger mindert die Währungsabsicherung das Abwärtsrisiko nur geringfügig.» Entscheidend ist vielmehr, dass Anleger eine intelligente Vermögensaufteilung vornehmen und in erstklassige Unternehmen investieren. Also genau das, was wir bei Point Capital machen.

 

Von Jules Kappeler
CEO der Point Capital Group
7. April 2021